„Die sind wirklich gut dabei und fit!“
Berufsinformation im Riesenrad: Future Talk der Handwerkskammer mit Neuntklässlern der Katholischen Schule Altona. Dichtes Gedränge herrscht am Morgen auf dem Hamburger Dom: Mehr als 1.000 Stadtteilschüler und Gymnasiasten nutzen die Einladung der Handwerkskammer Hamburg zum Future Talk – einem außergewöhnlichen Berufsorientierungstag für Acht- bis Zehntklässler.
42 Gondeln des Riesenrades auf dem Heiligengeistfeld stehen während des gesamten Vormittags für Informationsgespräche mit echten Experten aus verschiedenen Handwerksbetrieben zur Verfügung. Und die Bandbreite der angebotenen Berufe ist riesig. Sie reicht vom Informationstechniker, Dachdecker und KFZ-Mechaniker bis zum Fleischer, von der Bestattungsfachkraft, dem Fotografen, Friseur, und Tischler bis hin zum Raumausstatter. Paul, Eva, Jan und ihre Klassenkameraden der Katholischen Schule Altona stehen noch etwas zögerlich am Eingang zu den Gondeln.
„Ich interessiere mich für den Bäckerberuf – aber das ist ja leider kein Handwerk“, mutmaßt Paul. Nur wenig später wird er das Gegenteil erfahren. „Ich backe manchmal zuhause, aber das sieht dann noch nicht so gut aus“, erklärt der Schüler selbstkritisch. Aber das könne er ja noch lernen. Auch Eva hat bereits erste Vorstellungen von Ihrer Zukunft. „Ich starte nächste Woche mit dem Praktikum in einem Lebenshilfe-Kindergarten. Ich könnte mir gut vorstellen, Erzieherin zu werden“, meint die selbstbewusste Neuntklässlerin.
„Immer zu fünft einsteigen!“ – die Lautsprecher-Durchsagen der Organisatoren unterbrechen die Jugendlichen in ihrem Gespräch. Die Ansagen geben den Takt des Vormittages vor. Vollbesetzte Gondeln starten zu immer neuen Info-Runden in den Hamburger Himmel. Paul, Eva, Stavros und Ozias haben sich zum Start für die Gondel von Raumausstatterin Anna Bräuninger und Bestattungsfachkraft-Azubi Lea Balkenhohl entschieden.
Beide Ausbildungsberufe sind den Jugendlichen ziemlich fremd. Und so erläutern die Expertinnen ihre Berufszweige ausführlich, geben Einblick in einen typischen Arbeitsalltag und verdeutlichen gewünschte Fertigkeiten. Echte Werkzeuge, kunstvoll gestaltete Kissen und eine Urne mit eingearbeitetem Relief sind die Hingucker dieser kurzen Orientierungsfahrt.
Interessiert bohren die 14jährigen nach. „Das hört sich gut an. Aber was verdient man denn in der Ausbildung?“, will Stavros wissen. Die Antwort – ein Bruttoverdienst zwischen 300 und 600 Euro, je nach Ausbildungsjahr– ruft Erstaunen bei den Schülern hervor. “Aber davon kann man doch gar nicht leben!“, meint Ozias. „Ja, deswegen wohnen die meisten Azubis in meiner Berufsschulklasse auch noch zu Hause“, gibt Lea Balkenhohl zu.
Eine Wohnung in Hamburg sei davon zunächst nicht zu bezahlen. Raumausstatterin Anna Bräuninger kann mit Blick auf den eigenen Ausbildungsberuf zunächst ebenfalls nicht viel mehr anbieten. „Wichtig ist, den Beruf zu finden, den man einfach gerne macht. Denn der Verdienst nach der Ausbildungszeit sieht dann schon ganz anders aus.“, macht Bräuninger Mut.
„Viele Handwerksberufe sind den Schülern heute gar nicht mehr bekannt. Insofern ist dieser Berufsorientierungstag eine gute Chance, um diese Ausbildungsberufe kennenzulernen“, erklärt Fachlehrer Christian Lukatsch von der Katholischen Schule Altona. Unterstützend gibt es im neunten Jahrgang sogenannte „Praxislerntage“. Jeden Donnerstag sind die Altonaer Jugendlichen zu Gast in einem selbst gewählten Unternehmen, um Einblick in die Berufswelt zu gewinnen. Im November folgt eine zweite Praktikumsphase in einem anderen Betrieb. Und im Februar stehen dann die Vorbereitungen für den ersten Schulabschluss an. Dem Schulabschluss und der Berufswahl seiner Neuntklässler sieht Lehrer Lukatsch durchaus gelassen entgegen.
„Die sind wirklich gut dabei und echt fit“, meint der Pädagoge, auch wenn es im Hinblick auf die vielen Ausbildungsmöglichkeiten noch einige Fragezeichen gebe. Aber auch das sei ja völlig normal, erklärt Lukatsch – und wagt sich erneut in das Gedränge, um seine Schüler zum nächste Gondel-Gespräch zu begleiten.