„Katholische Schulen sind kein Luxus, auf den man verzichten könnte“

Generalvikar Sascha-Philipp Geißler stellt sich den Fragen der Domschüler_innen

Einen „Austausch auf Augenhöhe“ hatten sich die Zehntklässler_innen der Domschule St. Marien mit dem Chef der Bistumsverwaltung gewünscht. Und sie sollten ihn bekommen. Generalvikar Sascha-Philipp Geißler nahm sich am heutigen Dienstagvormittag zwei Stunden Zeit, um mit den Jugendlichen über eigene Glaubensperspektiven, schwierige Bistumsentscheidungen, über Machtmissbrauch sowie zukünftige Chancen einer kleiner werdenden Kirche ins Gespräch zu kommen.

„Ich hatte damals keine Erscheinung oder Vision. Ich bin in der Jugendarbeit und Gemeinde groß geworden – mit Priestern, die wirklich tolle Typen waren und junge Leute förderten“, erinnert sich der Pallottinerpater an seinen Weg zum Priester. Nach Realschulabschluss und Industriekaufmannslehre holte Geißler sein Abitur nach und trat in die Gemeinschaft der Pallottiner ein. „Und ich kann bis heute sagen: Da bin ich richtig.“ Er sei Priester geworden, weil er einen Gott erfahren habe und eine Gemeinschaft, die das Leben trägt und Antworten auf wesentliche Fragen des Lebens gibt. „Und es ist mir ein Anliegen, das mit anderen Menschen zu teilen“, so der Generalvikar. In seiner derzeitigen Aufgabe gehe es zwar vor allem um Verwaltungs- und Personalfragen und um die Neujustierung diözesaner Strukturen – immer jedoch um die Entwicklung der zukünftigen Kirche. „Letztlich geht es darum, die Botschaft Jesu immer neu weiterzutragen“, fasst Geißler zusammen. Jean-Lucca ist skeptisch. „Und das macht Spaß?“. „Ja, überwiegend schon“, antwortet der Pallottiner mit einem Schmunzeln.

Ernster wird es anschließend beim Thema Missbrauch, für den Hamburgs Generalvikar klare Worte findet. „Hier haben Menschen tiefstes Unrecht und Verletzungen erfahren und sich jahrzehntelang nicht getraut, offen darüber zu reden. Ich bin sehr, sehr dankbar, dass Missbrauchsbetroffene inzwischen offen darüber sprechen, was sie erfahren haben Ich bin dankbar dafür, dass sie offen aussprechen, dass man ihnen nicht zugehört hat – weil der Schutz der Institution wichtiger erschien“, erklärt Geißler und ergänzt: „Wir sind noch nicht fertig. Und wir sind noch nicht gut genug. Aber: Ich sehe uns insgesamt auf einem guten Weg.“

Der Machtmissbrauch habe viel dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken zukehren. Aber auch sich ändernde gesellschaftliche Rahmenbedingungen spielten eine gewichtige Rolle. “Ich glaube, dass wir als eine kleinere Kirche an weniger Orten, aber vielleicht mit mehr Strahlkraft, für das einstehen werden, was wir von Jesus Christus verstanden haben – und was wir anderen Menschen anbieten. Und das ist viel“, so Geißler.

„Glauben Sie nicht, Jesus wäre wütend, wenn er die heutige Kirche betrachtet?“, fragt Theo nach. „Also, mit Blick auf die Performance, die wir als Kirche gerade abgeben, wäre er wahrscheinlich nicht sehr zufrieden“, gesteht Geißler – und richtet sein Augenmerk zugleich auf das, was Kirche zukünftig stärker in den Blick nehmen sollte. „Mir ist wichtig, dass wir eine Kirche sind, wo Menschen auf dem Weg erfahren: Ich bin nicht allein. Und mir ist wichtig, dass wir als Kirche ganz konkrete Beiträge erbringen, dass diese Welt sich gut entwickelt“, erklärt der Pallottinerpater.

Angelina und Jakub sprechen anschließend das nahende Auslaufen der Domschule an – „Eine sehr schwierige Entscheidung“, wie Generalvikar Geißler eingesteht, „und wir sind und bleiben vor große Herausforderungen gestellt.“ Die wirtschaftliche Schwächung des Erzbistums sei gewaltig. „Aber die Ansage gilt: Wir wollen 15 Schulen in Hamburg weiterentwickeln“, so Geißler. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln treibe das Erzbistum die Schulentwicklung weiter voran. „Für mich sind die katholischen Schulen kein Luxus, auf den man verzichten könnte, sondern absolut wichtig“, bekräftigt der Generalvikar in seinem abschließenden Statement – und erntet dabei zustimmendes Kopfnicken seiner jugendlichen Zuhörer.

Bild: Generalvikar Sascha-Philipp Geißler mit den Domschüler_innen Theo, Armin, Jakub, Taira und Romina (v.l.n.r.).