Literatur-Tipps für Billstedter Jugendliche
„Lies doch mal wieder!“ – diese Aufforderung dürften die Achtklässler der Katholischen Schule St. Paulus in Billstedt in den kommenden Wochen von ihren Eltern wohl nicht mehr zu Gehör bekommen. Denn mit dem Literaturtag für die Schüler der Stadtteilschule am Öjendorfer Weg verbindet sich nicht nur eine spannende Entdeckungsreise durch verschiedene literarische Genres.
„Am Ende gibt’s für alle ein Buchgeschenk – ganz nach den eigenen Wünschen“, erklärt Christine Roschlaub, Klassenlehrerin und Abteilungsleiterin Ausbildung und Inklusion. Die Idee des Tages: Schüler stellen ein Buch zum Thema „Vielfalt und Toleranz“ vor und motivieren ihre Altersgenossen so zum Lesen. Lea (12), Henning (13) und Aymee (13) und ihre Klassenkameraden haben sich richtig gut vorbereitet. Die Schüler des Harburger Niels-Stensen-Gymnasiums stehen den Stadtteilschülern aus Billstedt ganz souverän gegenüber. Ruhig und interessiert folgen ihnen die Zuhörer, applaudieren spontan für pfiffige Inhaltsangaben, schmunzeln bei lustigen Textstellen, erfassen die ganze Sinnlosigkeit des Krieges in wenigen Sätzen und fragen kritisch nach.
Insgesamt fünf Lesestationen stehen den literaturinteressierten Jungen und Mädchen an diesem Vormittag im neuen Bibliotheksraum und auf der Dachterrasse der Katholischen Schule St. Paulus zur Verfügung. Anhand einer Liste erhalten die Schüler einen Angebots-Überblick und wählen daraus zwei Vorstellungsrunden mit mehreren Referenten. Und das Angebot ist durchaus anspruchsvoll: Viele Werke handeln von Fluchterlebnissen, von einschneidenden Erfahrungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen, von Ausgrenzung und Mobbing.
Lea hat sich für Markus Zusak´s „Bücherdiebin“ entschieden – eine tragische, witzige, wütende und zugleich zutiefst lebensbejahende Geschichte eines Mädchens, das in den Wirren des Krieges und in den Flammen der Nazis die Liebe zu Büchern und Worten entdeckt. „Ich habe das Buch bei meinen Eltern gesehen. Das sah einfach spannend aus“, erzählt die Zwölfjährige ihre Entdeckung, mit der sie tief in die Kriegsjahre eingestiegen ist. Auf die Frage, ob dieses Buch für ihre Altersklasse zu empfehlen sei, antwortet Lea auf ihre Weise: „Ja, das können auch Erwachsene lesen“. Die Einschätzung der ein Jahr älteren Schüler wird Lea etwas später erfahren. Denn jeder Zuhörer gibt seine Einschätzung zu den vorgestellten Büchern mit einem Feedback-Zettel.
Das Literaturvermittlungsprogramms „Leinen los!“, an dem sich die Katholische Grund- und Stadtteilschule mit dem Büchertag beteiligt, ist eine Gemeinschaftsinitiative aller 21 katholischen Schulen in Hamburg, des Kulturforum21 sowie der Katholischen Akademie. Die Idee: Ein Jahr lang tauschen Schüler Bücher zu einem Jahresthema aus. Klassen aus allen Schulen befüllen hölzerne Seekisten mit Literatur zum Thema – wobei die Lieblingsbücher der Kinder und Jugendlichen nicht fehlen – und schicken diese mit dem „Literaturkutter“ und ganz persönlichen Anregungen an andere Schulstandorte. Dort werden die Bücher gelesen, rezensiert und als Impulse für Aktionsideen genutzt.
Und natürlich packen die Schüler neue Kisten, die dann erneut auf Reise gehen. Die Seekisten beinhalten stets sogenannte Key books, die in allen Kisten auftauchen und zu denen die Kinder und Jugendlichen eigene Bücher hinzugeben. Mit kleinen Notizen oder sogar Rezensionen vermitteln die Absender den Empfängern erste Eindrücke ihrer Lieblingsbücher. „Die Kisten sollen die Lust auf das Lesen, das Entdecken, das Kennenlernen anderer Kulturen und Einstellungen vermitteln“, erklärt Christine Roschlaub. Schon bald packt sie mit ihrer Klasse die nächste Seekiste, um sie auf die Reise zu schicken.