PROJEKT AKZEPTANZ an der Katholischen Schule Altona
Pünktlich mit dem Pausenklingeln kommen die Zehntklässler in den Raum, um ihren Platz in der vorbereiteten Stuhlrunde einzunehmen. Mit dem „Projekt Akzeptanz“ steht diesmal ein Workshop auf dem Stundenplan, der die Schüler der Katholischen Schule Altona weiter sensibilisieren soll – gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Diskriminierung. „Heute geht’s um die Spielregeln im öffentlichen Raum – und um die Impulse, die wir selbst dabei setzen können“, erklärt Anna Oestreich den Fahrplan für die nächsten 90 Minuten.
Mit ihrem persönlichen Engagement vermittelt die Ehrenamtliche des Evangelischen Kirchenkreises Hamburg-West/Sudholstein den Jugendlichen eine besondere Haltung für eine Akzeptanz von Vielfalt. Vor mehr als zwei Jahren haben sich Oestreich und ihre haupt- und ehrenamtlichen Mitstreiter auf den Weg gemacht, um aufzuklären, Vorurteile abzubauen und Verständnis für andere Ansichten und Glaubensüberzeugungen zu wecken.
Und die Schüler scheinen gut vorbereitet, schließlich hatten sie vor einer Woche Besuch von einem jüdischen und einem muslimischen Religionsvertreter, die ganz persönliche Lebens- und Religionserfahrungen mit ihnen teilten.
Oestreich baut auf diese Begegnung auf und stellt authentische Fallbeispiele von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in den Mittelpunkt der Diskussion. Eines handelt von einem zehnjährigen Juden, der nach einem verschossenen Elfmeter vom Mitspieler als „Du Jude“ beschimpft wird. „Das ist beleidigend und ganz klar Antisemitismus“, meint Giovanni. Die Klassenkameraden nicken. „Der verschossene Elfmeter hat überhaupt nichts mit seiner Religion zu tun“, erklärt Catalina, „das ist absolut diskriminierend“. Oestreich nimmt den Faden auf und spitzt noch weiter zu: „Diskriminierung ist das weiche Wort für Antisemitismus“. Die Wirkung sei die vieler kleiner Nadelstiche, die man immer wieder in die gleiche Wunde bekomme, ohne zu wissen warum. „Und wenn wir das zulassen, dann passiert irgendwann so etwas wie in Hanau“, fasst Anne Oestreich die möglichen Folgen mit einem Hinweis auf dem Amoklauf drastisch zusammen. Aufklärung müsse bereits im Kindesalter erfolgen, gerade auch auf dem Fußballplatz. „Dem kleinen Kerl muss sofort klar werden, was er da gesagt hat. Und dass das keinesfalls zu akzeptieren ist“.
Vom Fußballplatz spannt die Referentin den Bogen in die große Politik, wo sich ähnliche Verhaltensweisen beobachten ließen, unter anderem beim Hinweis des russischen Staatspräsident Wladimir Putin auf „die Nazis der Ukraine“. „Da müssen wir aufpassen, weil da auf höchster Ebene etwas geschürt wird. Da müssen wir uns wehren!“, ruft Oestreich zum Widerstand auf, und ergänzt: „Was wir wirklich brauchen, ist ganz viel Zivilcourage“.
Sie selbst sei dankbar dafür, in einem Elternhaus aufgewachsen zu sein, das sehr weltoffen gewesen sei. „Mein Vater hat die ersten Gastarbeiter eingestellt. Sie saßen feiertags ganz selbstverständlich mit bei uns am Tisch – mit ihren unterschiedlichen Hautfarben, Sprachen, Lautstärken und kulturellen Wurzeln. Es war wunderbar“, erzählt Oestreich. „Absolut“, unterstützt sie Shirin, „es ist doch schön, voneinander zu lernen“. Die Protestantin Anna Oestreich schaut zufrieden in die Runde.
Besser hätte ein Abschlusssatz nicht sein können. Und die nächsten „interkulturellen Pläne“ hat Klassenlehrer Martin König-Konerding bereits geschmiedet: Im Januar geht’s für die Zehntklässler in die Synagoge. Denn Akzeptanz und Friedfertigkeit leben von Begegnungen. Tag für Tag neu.
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