„Setzt Euch mitten auf die Leinwand!“
Der Boden des Gemeindesaals neben der katholischen Stadtteilschule ist an diesem Vormittag komplett mit Malervlies abgedeckt, eine riesige Leinwand liegt in der Mitte des Raumes. Doch bevor die Fünft- bis Neuntklässler der Franz-von-Assisi-Schule loslegen können, um dem dänischen Maler Asger Jorn nachzueifern, gibt der Hamburger Künstler Christian Kintz, der die Kinder und Jugendlichen begleitet, klare Ansagen.
„Ihr habt seine Gedanken und seine Bilder im Kopf und Ihr wisst, was ihn interessiert hat. Wenn Ihr das beim Malen berücksichtigt, wird das richtig gut werden“, ermuntert er zum Start der Kunstaktion. Und die Schüler hören konzentriert zu, bevor sie sich Pinsel und Farben schnappen, um ihrer Fantasie auf der 2 x 10 Meter-Leinwand freien Lauf zu lassen. Nur eine Einschränkung hat der Kunstpädagoge zu Beginn parat: „Keine Smilys“, ruft er den jungen Künstlern zu, „Kein Punkt, Punkt, Komma, Strich. Das wäre langweilig. Das sind keine Gesichter mit Charakter. Schaut Euch an, wie Asger Jorn es gemacht hat“, rät Kintz und gibt das Startsignal: „Setzt Euch mitten auf die Leinwand und legt los!“.
Nach „Wunder“, „Urban art“, „Picasso“ und „Bill Viola“ haben das Kulturforum21 der Schulen im Erzbistum Hamburg gemeinsam mit den Deichtorhallen ihr inzwischen fünftes Großprojekt gestartet. Bei der Kunstaktion „Paintball Colour Explosion“ kommen Im Vorfeld der großen Ausstellung des dänischen Malers Asger Jorn, die am 21. Juni in den Deichtorhallen eröffnet wird, Hunderte Grund- und Stadtteilschüler ins Spiel. Gemeinsam mit Kunstpädagogen erarbeiten sie sich auf riesigen Leinwänden malerische Freiräume. Kinder und Jugendliche aus Barmbek, Billstedt, Altona, Langenhorn und Wilhelmsburg sind an dieser außergewöhnlichen stadtweiten Kunstaktion beteiligt.
Uchechi aus der 5a macht in Barmbek den Anfang. Mit geschlossenen Augen malt die Zehnjährige erste Schwünge mit leuchtendem Grün auf die noch weiße Leinwand. Zunächst zaghaft und unschlüssig, dann mit umso mehr Leidenschaft und Entschlossenheit. „Das wird ein Auge, aus dem eine Blume hervorwächst“, hat Uchechi klare Vorstellungen von ihrem Werk. Etwas unentschlossener gehen Jaime, Lars und Qouc Huy ihr gegenüber vor. Die Siebtklässler probieren frei aus, mischen Farben und gestalten ein noch zu bestimmendes Fabelwesen.
„Wir geben pro Kind zwei Farben raus, damit nicht alles in einer Schlammfarbe endet“, erklärt Christian Kintz. Wichtig sei es, zunächst ein zielgerichtetes Mischen zu erlernen. Schwarz dürfen die Kinder nur punktuell einsetzen. „Denn mit Schwarz kriegst Du alle Farben tot“, weiß der Künstler aus Erfahrung. Die Kinder halten sich daran, während ihnen der gebürtige Freiburger ihre Wunschfarben auf die Pappteller drückt.
Lehrerin Alexandra Kupfer freut sich über den gelungenen Start der Aktion. „Wir hatten etwa viermal so viele Anmeldungen und konnten gar nicht alle interessierten Schüler berücksichtigen“, erzählt die engagierte Pädagogin. 25 Jungen und Mädchen haben es schließlich geschafft und eine Zusage für die Teilnahme an der zweitägigen Kunstaktion erhalten. „Es ist schön zu sehen, wie sie ihrer Fantasie und Kreativität freien Raum lassen“, erklärt Kupfer. Genau das sei der Sinn der Aktion.
Und das Beste kommt noch: Die in den Workshops an den beteiligten Schulen entstandenen Farbtafeln werden am Eröffnungstag der Ausstellung »Without Boundaries« im Außerbereich und im Ausstellungsgang der Deichtorhallen Hamburg einem großen Publikum gezeigt. Die Schüler der Franz-von-Assisi-Schule werden dann mit von der Partie sein – als Besucher und Künstler.